Der Duft von Berlin // The scent of Berlin

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Zum Geschmacksempfinden gehört bekanntlich eine ordentliche Portion Geruchssinn, da viele Aromen vor allem durch unseren olfaktorischen Sinn wahrgenommen werden. Auch haben wir oft eine unheimlich ausgeprägtes Geruchserinnerung, die sofort detaillierte Stimmungen und Gefühle transportieren kann, ähnlich wie das Geschmacksnuancen auch tun.

So ist es nicht verwunderlich, dass ich neulich mit meiner Freundin Anna einen schönen Mädchennachmittag in der Berliner Duftmanufaktur Frau Tonis Parfum verbrachte. (Die üblichen Parfümerien mit ihren Wolken aus synthetischen Gerüchen und für mich bislang unbefriedigender Beratung meide ich eher. Meinen Lieblingsduft trage ich beispielsweise seit mehr als 7 Jahren und habe ihn auch eher zufällig durch eine Probe entdeckt.)

Die Parfum Manufaktur ist relativ zentral gelegen – und hat man sich erstmal am touristisch gedrängten Checkpoint Charlie vorbeigeschlichen, findet man bei Frau Toni eine wahre Oase der Ruhe. Auf einem Tisch in der Mitte des Raumes sind 26 Apothekerflaschen aufgereiht, die einzelne Kompositionen von blumig, grün, über zitrisch, holzig und orientalisch beherbergen, verschiedene Nummern tragen, und Namen wie ‚Linde Berlin‘, ‚Sminta‘ oder ‚Cochabamba‘. Aber auch ‚Veilchen‘ (der Duft, den Marlene Dietrich trug), ‚Feige‘ oder ‚Orange‘ sind dabei. Das Besondere daran: alle Düfte sind frei kombinierbar!

Denkt man anfangs, dass alleine die 26 Grundkompositionen zu erschnuppern, schon eine Herausforderung ist, merkt man schließlich, dass es eher eine Frage der Übung ist. Für mich war das konzentrierte Schnuppern so ungewohnt, dass sich schnell eine Art ‚Riechmuskelkater‘ einstellte. Der Trick in einem solchen Fall ist eine Art ‚Reset‘ des Geruchssinns – und zwar mit nichts anderem als …Kaffee!, wie uns die ganz zauberhafte Verkäuferin erklärte: in der Mitte des Tisches bei Frau Toni steht eine Dose mit Kaffeebohnen, an der man zwischendrin immer mal wieder eine ‚Nase‘ nehmen kann. Und das funktioniert tatsächlich (und erklärt, wieso offene Kaffeebohnen im Kühlschrank ebenfalls Gerüche im selben neutralisieren). Leider bedeutet das (zu meinem tiefen Bedauern) wohl auch, dass es niemals ein Parfum geben wird, das echte aromatische Kaffeeöle enthält, da man es eben ganz schnell nicht mehr wahrnehmen würde.

Für mich am interessantesten bei Frau Toni: man merkt sehr schnell, welche Düfte einem persönlich liegen. Und welche tatsächlich Erinnerungen an die Großmutter wecken, oder an die erste Liebe. In unserem Fall sind meine Freundin und ich unabhängig voneinander ganz schnell in der ‚Männerecke‘ gelandet, wo goldfarbene Essenzen angenehm krautige und hölzerne Untertöne hatten. Diese ergeben in der Mischung mit fruchtigen, blumigen oder zitrischen Noten sehr komplexe und interessante Düfte, die ganz jenseits des Mainstreams wunderbar nachhaltige Kompositionen bilden. Für weniger Mutige hat die Parfum Manufaktur auch einige Eau de Colognes fertig gemischt, mit wohlklingenden Namen wie ‚Berlin Summer‘, ‚Adam & Eve Fougère‘ und ‚Été Provencal‘. Oder wer möchte nicht gerne mal nach ‚New York‘ riechen?

Ich kann diesen Ort der Sinnlichkeit nur empfehlen. Wer Zeit mitbringt und neugierig auf eine ganz persönliche Duftreise ist, wird bei Frau Tonis Parfum wunderbar und persönlich beraten und kann am Ende sein eigens zusammengestelltes Eau de Parfum mitnehmen. Es soll auch ganz zauberhafte Parfumkurse geben!

Frau Toni gibt es übrigens wirklich. Es ist die Großmutter der Manufaktureigentümerin, die ihr Vorbild für Stil und Eleganz war. Hier ist ein schönes Interview mit der Begründerin von Frau Toni, Stefanie Hanssen.

Und was in meiner Tasche landete? Als vorsichtiges Herantasten an den persönlichen Duft habe ich ein Set aus unterschiedlichen holzigen und fruchtigen Tönen mitgenommen, die nach Lust und Laune kombinierbar sind. Sehr aufgeregt habe ich sie dem Cowboy ‚vorgeführt‘, und – auch sehr wichtig: er findet sie gut.

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The sense of taste belongs to a good amount to the sense of smell, since many flavors are mainly perceived by our olfactory sense. Also, we often have a strong odor memory that can immediately convey detailed moods and feelings. So it is not surprising that I recently with my friend Anna happened to spend a beautiful girl afternoon in Berlin Frau Tonis ‚Miss Toni´s‘ Parfum fragrance manufacturer. (Regular perfume stores with its clouds of synthetic odors and for me rather unsatisfactory advice I usually try to avoid. My favorite scent for more than 7 years I discovered by chance through a sample.)

The perfume manufactory is centrally located – after you slipped by at the crowded touristy Checkpoint Charlie, Frau Toni is found as a true oasis of calm. On a table in the middle of the room 26 apothecary bottles are lined up in which individual compositions of floral, green, lemony, woody and oriental flavors have all different numbers, and carry names like ‚Linde Berlin‘, ‚Sminta‘ or ‚Cochabamba‘. But also ‚violet‘ (the only scent that Marlene Dietrich used), ‚fig‘ or ‚orange‘ can be found. The special feature is that all scents are easily combinable!

One thinks initially that solely to sniff the 26 compositions, is already a challenge, but you finally realize that it is more a matter of practice. For me, it was so unusual to concentratedly sniff that I felt quickly a kind of ‚olfactory muscles ache‘. The trick in this case is a kind of ‚reset‘ of the sense of smell – with no other thing than: … coffee! as we were explained by the oh-so-wonderful sales-lady: in the middle of the table at Frau Tonis is a can with coffee beans, of which one can take a ’nose‘ from time to time. And that actually works (and explains why open coffee beans in the refrigerator also neutralize odors in the same). Unfortunately, this probably also means (to my deep regret) that there will never be a fragrance that contains genuine aromatic coffee oils, as you would very quickly no longer perceive them.

For me the most interesting at Frau Toni: you realize very quickly what fragrances you like. In our case, my friend and I  independent of one another very quickly ended up in the ‚men’s corner‘ where golden essences were pleasantly herbaceous and with wooden undertones. This, when mixed with fruity, floral or citric notes make for very complex and interesting scents that build wonderful sustainable compositions way beyond mainstream. For the less daring the perfume manufactory also has premixed some Eau de colognes with fine-sounding names like ‚Berlin Summer‘, ‚Adam & Eve Fougère‘ and ‚Été Provencal‘. Or who would not like to smell like ‚New York‘?

I can only recommend this place of sensuality. Anyone with time and curiousity will discover a personal journey in flavors with wonderful and personal advice and in the end may take one´s very specially compiled own Eau de Parfum. There are also quite enchanting perfume courses!

Miss Toni is a real person. It is the grandmother of the factory owner, who was her role model for style and elegance. Here is actually a nice interview with the founder of Frau Toni, Stefanie Hanssen.

And what ended up in my bag? As a careful approach to my personal scent I have chosen a set of different woody and fruity notes, which can be combined to suit your mood. Very excitedly I have ‚demonstrated‘  them to the cowboy, and – very important: he likes them well.

6 comments
  1. Claudia ~ Food with a View says: Juni 8, 20139:31 am

    Kaum zu glauben, aber ich kenne diesen Laden noch nicht (vielleicht, weil ich seit vielen Jahren auf die Parfümerie im Quartier 206 eingespielt bin, quasi alle meine Parfums stammen aus dieser wunderbaren Duft-Oase). Die Adresse merke ich mir aber unbedingt, klingt sehr spannend. Riechmuskelkater (tolles Wort!) kann man übrigens recht gut verhindern, indem man zwischen den Schnupper-Einheiten an einem Glas mit Kaffee-Bohnen riecht – im Quartier bekommt man das zu den Flakons, die man testen möchte, gleich dazu gereicht.

    • Anni Kazymir says: Juni 8, 201311:20 am

      Ja, so wird das bei Frau Toni auch gemacht. Coffee break! =)
      Kann man sich bei der Parfümerie im Quartier 206 auch selbst ein Parfum zusammenstellen? Das klingt auf jeden Fall nach einer guten Adresse.

  2. Claudia ~ Food with a View says: Juni 9, 20139:57 am

    Coffe break ist eine gute Bezeichnung ;-).

    Nein, es werden im Quartier 206 nur fertige Parfums verkauft von Firmen und Designern, die man bei den üblichen Verdächtigen nicht findet – meine Favoriten sind Keiko Mecheri und Annick Goutal. In Sachen Individualität hat aber offenbar Frau Toni die Nase vorn – da werde daher ich bald mal vorbeischauen und freue mich über Deinen tollen Tipp.

    • Anni Kazymir says: Juni 12, 20134:25 pm

      Ohja, Claudia, lass mich unbedingt wissen, welche Düfte Du ausgesucht hast – ich bin ja so neugierig!*** =)

  3. Lena says: Juli 2, 201310:27 pm

    Ich hab auch noch nie davon gehört – hört sich toll an! Mir sind Parfums oft zu stark, vielleicht sollte ich dort mal hin und mir einen ganz leichten Duft mixen, den ich dann auch mal gern trage und nicht nur herumstehen habe, bis er nach nichts mehr riecht…

    • Anni Kazymir says: Juli 3, 201311:36 am

      Ohja, Lena, geh unbedingt mal zu Frau Toni. Ich finde die Düfte dort sind generell eher fein und nicht so plüschig wie künstliche Parfums. Und es gibt auch eine Reihe Eau de Toilettes, die sind noch etwas leichter. Viel Vergnügen beim Schnuppern!***

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