Dinge, die Freude machen. Juli.

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Schon wieder zwei Wochen vorbei ist der längste Tag des Jahres, die Sommersonnenwende. Was habe ich diesen Tag, wie auch ihr winterliches Pendant, als Kind geliebt. Die Fabelgeschichten und das magisch lange Licht, im Norden noch spürbarer als im Süden.
Zeit, zurückzublicken auf die letzten Wochen und die Dinge aufzuschreiben, die gut waren und sind. Ganz schön viel passiert.

Zum Beispiel die vielen, wunderbaren Workshops, die ich anlässlich der Food Blog Days gemeinsam mit meiner liebsten Companeuse Sandy bereits in fünf verschiedenen Städten gegeben habe, 15 an der Zahl. Da sind eine Menge an schönen Erlebnissen zusammen gekommen, unzählige inspirierende Gespräche über das, was manchmal gar nicht so leicht fällt im Alltag. Sich Gutes tun, aufmerksam für sich selbst sein und heraus finden, wie jeder Tag von ‚mehr Herz und Bauch’ geleitet werden kann.

Festgestellt, mal wieder, das ‚sich-Gutes-tun’ für mich gleich bedeutend ist mit ‚Gutes zu Essen in wunderbarer Gesellschaft’. So einfach, eigentlich. Auf diese Weise mit Sandy in Vorbereitung auf die Workshopwochenenden mehrfach sehr gut gespeist, sogar einmal im Zugabteil. Und deshalb möchte ich Euch aus vielerlei Gründen empfehlen:

Tulus Lotrek. Was sich erstmal holperig liest ist das Synonym für einen ganz bezaubernden Abend in den Händen von Ilona und Max und wie es scheint, allen ihren Freunden. Und mit dem Durchschreiten der Terrassenpforte tritt man zugleich ein in eine magische Welt mit dunkelgrün-urwaldesque-gemusterter Tapete, Tischen, die schwungvoll gemalte Namen Ihrer Gäste tragen und salzigen Macarons, die gleichzeitig eine zarte Versuchung und pompöse Ankündigung des zu erwartenden Essens darstellen.
Eine Mischung aus einem Gasthaus der Pariser 20er Jahre und einem Ort nicht von dieser Welt. Uneingeschränkt, von Herzen und damit eine 1a Lieblingsort-Empfehlung.
Das Tulus Lotrek findet man in der Fichtestrasse in Berlin.

Pfingstrosen. Immer wieder.

Ganz viel über Essen und deren Wirkung im Körper gelernt, zum Beispiel dass eine Ernährungsumstellung bei Migräne starke Wirkung zeigen kann. Seit mehr als einem Jahr ist der Cowboy geplagt von fiesen Kopfschmerzen, bei denen selbst starke Schmerzmittel nicht helfen. Nun ist es sicher individuell, wie Kopfschmerzen und Migräne entstehen, mir leuchtet diese Erklärung aber ein, und wie es so ist: in der Not probiert man alles aus und liest sich quer durchs Netz. Über diesen Blog bin ich auf eine ketogene und histaminarme Ernährungsweise gestoßen, die bereits nach wenigen Tagen laut Cowboy ihre Wirkung gezeigt hat. Vor allem das Kokosöl im morgendlichen Kaffee scheint breitflächig Migränepatienten gut zu tun. Auch glutenfreie Ernährung kann bei Migräne übrigens helfen.
Und auch wenn histaminarme Lebensmittel die Auswahl zum Kochen stark einschränken (gut gehen frische Paprika, Kartoffeln, Kohlrabi, Möhren, Beten, Mango, Melone, Blaubeeren, Frischkäse, Joghurt, Kräuter. Zu vermeiden sind (so ziemlich) alles andere Obst, Spinat, Tomate, Aubergine, gereifter Käse, scharfe Gewürze, Trockenfrüchte und Fermentiertes.) und es mir selber sehr schwer fallen würde auf so leckere Zutaten (vor allem Fermentiertes!) zu verzichten. Am Ende geht es einzig und allein ums Körpergefühl und die Gesundheit. Daher gibt es bei uns in letzter Zeit ganz viele neue, ganz simple Gerichte.

Diese tolle Band entdeckt.
Und mich sehr gefreut über diesen Film von Nils Frahm.

Meine Oma und alles, was sie mir beigebracht hat.
Nicht aufhören zu lernen, sagte sie, als ich sie letztes Jahr fragte, was aus der Sicht von 99 Jahren das Wichtigste im Leben sei. Wir sassen morgens in der Küche an der gelbkarierten Tischdecke und sie bot mir einen Cappuccino an. Sie liebte ihren Cappuccino, den aus der Dose, süß und schokoladig, denselben, den auch wir im Studium immer im Atelier hatten, weil man nur heisses Wasser dafür brauchte.
Die Freude, die sie an ihrem Gemüse aus dem Garten hatte. Ich weiss gar nicht wie viele Sommer wir frisch gezupfte, noch ganz erdige Radieschen und Möhren, Salatköpfe und Tomaten aus dem Garten hinterm Haus zum sommerlichen Abendbrot aßen. Dampfnudeln. Dampfende Hefe-Nudeln mit salziger Butterkruste, dazu feine Vanillesauce und Apfelkompott. Niemand konnte das so gut wie Oma und bis ins hohe Alter hinein machte sie immer noch für alle Enkel mittags zwei Pfannen voll Dampfnudeln. Oder Apfelnudeln, die sie mir gern mit auf die Zugfahrt nach Hause einsteckte. Sie war eine Hefeteigqueen, meine Oma. Ich wünschte ich hätte etwas von ihrem Talent geerbt. Es war eine Freude, ihr beim Hefeteigschlagen auf dem karierten Küchentisch zuzusehen. Selbst mit ihren von der Gicht verbogenen Fingern knetete sie flink den Teig zusammen, bis er Blasen warf. Kurze Zeit später schon hatte er an Volumen zugenommen, glatt und süsslich duftend. Auch ihre Schwarzwälder Kirschtorte werde ich nie vergessen. Was für ein Fest, bei jedem Familienereignis. Gerade süß genug, ganz viele Kirschen, ein bisschen Schokolade und Sahne – selbst nach ihrem Rezept gelang sie nie so gut wie bei Oma. Sie hatte es einfach drauf. Viele Jahre sass ich in der Küche auf dem Platz unter der Wanduhr an der gelbkarierten Tischdecke und sah ihr beim Kochen zu, im Kofferradio auf der Fensterbank der bayrische Rundfunk. Von meiner Oma weiss ich, dass eine Prise Zucker oder Honig die gelben Rüben noch aromatischer macht. Und das simples, selbst gezogenes Essen die größte Freude ist. Und Freude hatte sie viel, und Schalk im Nacken. In einem Interview, das sie im letzten Jahr der Stadtzeitung gab, antwortete sie auf die Frage, wie man es denn anstelle, 100 Jahre alt zu werden, das verrate ich doch nicht.
Nun, mit 100 und einem halben Jahr ist sie gestorben. Und wir haben zum letzten Mal Luftballons für sie steigen lassen.

 

Viel nachgedacht über das Sterben. Nachgefragt, gesprochen und gelesen. Wie geht Sterben? Wer weiß schon, was da wirklich passiert, wenn wir sterben? Dieses beeindruckende Protokoll gibt Aufschluss, und auch dieser und dieser bewegende Artikel. Weil der Abschied von dieser Welt etwas ähnlich ergreifendes ist, wie die Geburt: ein machtvoller Prozess, in seiner eigenen Zeit geschehend, erstaunlich. Und irgendwie sehr schwer zu begreifen.
Umso wichtiger erscheint mir das Nachdenken darüber und auch über das Leben. Vielleicht hat dieses Buch eine Antwort. Um besser zu verstehen, wie das aus wissenschaftlicher Sicht eigentlich geht, ein gelingendes Leben.

 

peonies

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